Leserbrief in der Nahe-Zeitung vom 30.07.2013
Als Mutter und Großmutter kommt bei mir Besorgnis auf, wenn ich die Entwicklung verfolge. Laut Presseberichten haben die Landkreise Birkenfeld und Kusel den zweithöchsten Krankenstand. Jährlich steigt er an. Weiter heißt es: Beide Landkreise liegen bei allen wichtigen Krankheitsgruppen teilweise deutlich über dem Landesdurchschnitt. Kommentar der Krankenkasse: Die Höhe des Krankenstandes in der Region ist ein Signal.
Was haben diese beiden Landkreise außerdem gemeinsam? Den zum Bombodrom umfunktionierten Truppenübungsplatz Baumholder. Die Bevölkerung hier wird „dumm gehalten“. Wäre General Hupka ehrlich, würde (auch) er nicht verschweigen, dass hier jetzt ein Bombenabwurfplatz für die Luftangriffskräfte aller Nato-Staaten ist. Klammheimlich hat der Bund den Luftkampfraum ED-R 116 über privatem bewohntem Gebiet eingerichtet. Damit wurde der Luftraum des Übungsplatzes um das Dreifache (von 12 auf 35 Quadratkilometer) vergrößert.
In West-Ost-Richtung ist die ED-R 30 Kilometer lang und die – auch mit scharfen Waffen – bestückten Bomber rasen im Tiefflug in rund 100 Sekunden hindurch. Über dem Platz gehen die Jets bis 30 Meter über Erdboden und werfen bzw. feuern die hochexplosive Fracht ab. Ohne den Luftkampfraum über unseren Köpfen wäre der eigentliche Platz viel zu klein für diese gefährlichen Manöver. Die Kampfjets fliegen hochgiftiges JP-8, eine Kampfjet-Stunde kostet rund 70 000 Euro. Militärische Tiefflüge verursachen laut Gutachten einen Lärmpegel von 123 dB wie ein Presslufthammer. Bei 85 dB entstehen gesundheitliche Schäden, bei 90 bis 120 dB direkte Organschäden. In unserer Mittelgebirgslandschaft ist der Kampfjetlärm oft höllisch. Weiter werden die Menschen in den Höhenlagen vom Baumholderer Platzradar bestrahlt. Starkes mobiles Radar, das bei Übungen hinzukommt, reicht bis in die Täler. Auch militärisches Radar ist nachweislich sehr schädigend. Die durch Detonation der Geschosse und Bomben entstehenden Stäube bzw. Schadstoffe sowie die Jetabgase verteilen sich teils großflächig über unserer Heimat. Dieses Luftkampfgebiet wird unsere Region entwerten. Der zukünftige Nationalpark wird die Auswirkungen auf keiner Ebene kompensieren können. Ein „Nationalpark am Bombodrom“ ist zwar weltweit einzigartig, jedoch kein Aushängeschild. Er wäre Einflugschneise für die Tiefflieger.
Laut General können die rechtlichen Grundlagen für die ED-R 116 nur im Zusammenhang mit dem Verteidigungsministerium bewertet werden. Diesem traue ich, was dies betrifft, nicht viel zu. Hat es doch in Brandenburg (wo das Bombodrom ursprünglich eingerichtet werden sollte und die rechtlichen Grundlagen etwa wie hier waren) alle 27 Prozesse in der Sache verloren und musste aufgeben. Weiter weist der General auf den Verfassungsauftrag der Bundeswehr hin. Hier geht es nicht allein um diese, sondern um die Nato-Luftangriffskräfte. Nur so viel zu den Arbeitsplätzen: Rundum wurden und werden Bundeswehrstandorte und -einheiten aufgelöst bzw. verlagert.
Ich rechne es den drei Ortsgemeinden hoch an, dass sie sich zur Wehr setzen. 75 Jahre Truppenübungsplatz Baumholder sind unter diesen Umständen wirklich genug. Es sollte – auch wegen der Nationalparkplanung – über eine friedliche Nutzung nachgedacht werden. Oder ist der Platz so kontaminiert, dass er für zivile Nutzung nicht mehr geeignet ist?
Gisela Herber, Schwollen
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